Zu meinem Streben gibst Du mir die Kraft, Ich war wie ein versiegend Quell. Wie eine Blume, die geküßt von Strahlen Macht, Emporstrebt jetzt nach Lichtes Hell. Daß ich mein Sehen darf in Worte kleiden, Dank ich dem Schöpfer nur allein. Dies zu erleben soll uns beiden Stets neue Freud‘ zum Leben sein.
Gedichte
Wohl mancher wird sagen: »Ach, Gedichte«. Mein lieber Freund, lese sie mit Bedacht, denn es hat doch fast jedes Gedicht seine Bedeutung, sein Erleben, seine Freude, sein Leid. Wenn ich mit unserem Lazarettzug über die unendlichen Weiten des Ostens oder durch unser schönes Deutschland fuhr, im Wagen Kameraden, schwer vom Krieg geschlagen – gar manch einer, dem die Fahrt in die Heimat die letzte wurde – wenn der Tod mit mein Fahrgast war, dann kamen mir in stillen, ruhigen Stunden die Gedanken, die sich in diesem Band widerspiegeln.
All denen, die ich kennenlernen durfte, gebe ich mit diesem Büchlein die Hand, meinen Kameraden, den Schwestern und den Verwundeten.
Johann Ingwer Johannsen
An meine Frau
Roter Mohn steht auf dem Tisch, Davor Dein kleines Bild. Du lächelst an mich, froh und frisch, Wie ist Dein Blick so mild. Ein Blümlein leg‘ ich Dir hinein, Nimm es als Gruß von mir. Es soll doch heut‘ mein Sprecher sein, Wie ich mich sehn‘ nach Dir.
Herbst
Es färben golden schon die Blätter sich am Baum Und alles rüstet sich zur Ruh‘. Ich wand’le wie in einem Traum, Schau dem Vergehen zu. Wie ist des Schöpfers Werk so groß, Unfaßbar seine Macht. Was aufnimmt er in seinen Schoß, Ersprießt in neuer Pracht. Ein Vogellied dringt durch den Hain, Ein Blatt fällt leis‘ …
Warum?
Warum, Herrgott, läßt du dies‘ Morden zu Wo nur ein Hauch von dir genügt Und alle Menschen hätten Ruh? In deiner Macht es liegt. Warum nur müssen Greise, Frauen, Kinder Die Qualen eines Krieges noch erleiden? Sind es in deinen Augen alles Sünder? Warum tust du denn Schlecht und Gut nicht scheiden? Sieht du nicht …
Flüchtlinge
Es zieht ein Menschenstrom quer durch das Land, Mit Lasten Greise, Frau’n mit Kindern an der Hand. Es flackert die Angst wohl in ihren Augen, Als könnte der Feind ihnen das Letzte noch rauben: Die Kinder, ihr Leben, ihr größtes Gut! Nach Westen sie eilen, mit verzweifeltem Mut, Geradeaus ihr Blick, nicht rückwärts sie schau’n, …
Winterfrieden
Die Wege, die Sträucher, die Tannen Schwer mit Schnee hehangen. Ich halte still den Atem an, Mich hält das Schauen in seinem Bann. Möcht‘ in Musik mein Schauen kleiden, Vergessen all der Menschen Leiden. Ein jeder müßte Haß und Neid doch überwinden Und, so wie ich, hier Ruhe finden.
Gevadder Dood
Sylvesternach, een swarte Nach Un um uns Not un Quaal. De Dood geit dörch den Wogen sach Un dröppt dor siene Waal. He kiekt nich an den Rang, den Stand, He nimmt, as em dat paß. Nu geit he all de Regen lang, Een Hand, de höllt he fast. De will nich, ritt sik vun …
Jahreswende
Es neigt das alte Jahr sich seinem Ende, Von Sorgen und von Mühen war es schwer. Hinein spring’n wir ins neue nun behende Und was gewesen ist, das ist nicht mehr. Laßt uns vergessen heut‘ den Hader, all den Streit, Das Leben ist ein Karussell, Macht eure Herzen doch mal auf, ganz weit, Es scheint …
Ein Märchen im Traum
Ich schaue hinauf in das Reich der Zwerge. Schwer neigt die Tanne sich, mit Schnee behangen. Ein Funkeln und Glitzern ist am Berge, Wo im unberührten Schnee noch nie ein Menschenfuß gegangen. Ein Märchen steigt vor meinen Augen auf, Wie ich’s geseh’n noch nie in all den Jahren: Geschäftig eilen die Zwerge zuhauf, Ich sehe …
Freundschaft
»Ich bin dein Freund«, so hört man oft die Menschen sagen, Wenn es dir gut geht, ist es auch nicht schwer, Doch sag‘, wie ist es in den schlechten Tagen, Wo nimmst du dann die Freunde her? Gar leicht zerreißbar ist dies Band, Drum wäg es erst, wenn du in Not, Wenn einer dann dir …