Im Lazarettzug unterwegs…

1945

Ein frohes Neues Jahr wünscht Euch …

Ich habe nur den einen Wunsch: recht bald für immer wieder bei Euch zu sein. Noch nie habe ich das Getrenntsein so schwer empfunden, wie gerade in dieser Stunde … Ich konnte nur schnell auf einen Sprung aus meinem Wagen. Ich muß bei einem Kameraden wachen, der wohl seinen schwersten Kampf kämpft. Aber ich glaube, ich bekomme die Oberhand …

Die Rede des Führers war bei uns sehr schlecht zu verstehen, weil wir im fahrenden Zug ins Neue Jahr fuhren. Wir sind nun am anderen Ende von Wien.

Soeben haben wir die letzten Verwundeten ausgeladen, (in Ninsby und Löwenberg) liegen nun mit unserem Zug in Hirschberg. Warten auf Abruf …

Den Kuchen kann ich ohne Hammer nicht essen! So hart ist er, aber schmeckt gut. Den Speck hab ich warm gemacht und auf Brot gegessen. Prima! Hier in meinem Wagen ist auch oft eine Hundekälte. Oftmals so 10 - 15 Grad unter Null! Ich mag mitunter nicht aus meinem Bett heraus, um Feuer anzumachen. Wir liegen fast eine Stunde vom Bahnhof Hirschberg entfernt. Wunderschön das Riesengebirge! Viel Schnee. Bis zu den Knien sackt man ein!

Glaub mir, der Krieg geht schneller zu Ende, als wir ahnen …

Meine Allerliebste!

Vorhin war ich im tief verschneiten Kurpark. Keine Menschenseele … eine Ruhe … ein Frieden: Die Wege, die Sträucher, die Tannen, schwer mit Schnee behangen. Ich halte still den Atem an, mich hält das Schauen in seinem Bann …

Schau, so kommen mir schon während des Schreibens die schönen Gedanken. (siehe Gedicht »Winterfrieden)

Ich habe meinen Wagen, Gott sei Dank, wieder leer und sauber. Alles ist ausgeflogen. Es ist eine himmlische Ruhe um mich. … Habe seit Tagen wahnsinnige Kopfschmerzen, eine Nervenentzündung über dem linken Auge.

Ihr Lieben! Schnell will ich ein paar Zeilen schreiben, aber nur, damit Ihr wißt, daß ich gesund bin! Gestern, nach einer schwersten Fahrt, in Guben gelandet. Gleich fährt der Postholer nach Hamburg. Schade, daß ich es nicht bin. Wir sind froh, die Kameraden heil herausbekommen zu haben. Wir hatten schon abgeschlossen… 240 Mann können wir laden, 500 hatten wir! Den Rest müßt Ihr Euch denken! Eingekesselt - Tiefflieger - Bomben. Mir genügt es. Der Zug ist beschädigt. Bleibt gesund und seid herzlich gegrüßt!

1944

… am Freitag habe ich die Oper »Martha« v. Flotow gehört und gesehen. Es war ein wirklicher Genuß. Ein Gastspiel des Landestheaters Rudolfstadt. Heute wurden meine Militärpapiere geändert. Beruf: Schriftsteller und Bühnenleiter. Ach ja, Bühnenleiter. Ob ich meine Bühne wohl wieder in Gang bekomme? Wenn ich an die herrlichen Kostüme in »Martha« denke, möchte ich heulen. … Nur nach Hause! Dann läuft sich alles wohl zurecht. (siehe Gedicht »Zuversicht«)

Jetzt bin ich ganz unten im Elsaß und von hier geht es auch wieder Richtung Osten. Wahrscheinlich Rumänien, also Südfront. Ja, ich bekomme sehr viel zu sehen, das Auge kann es fast nicht fassen. Die Fahrt durch Böhmen - Baden - Schwarzwald, war einfach nicht zu beschreiben. Wie schön wäre es, wenn Du bei mir wärest. Schade, daß es jetzt Nacht ist. Gleich fahren wir über den Rhein, aber der Mond scheint ja. …

Auf den Bahnhöfen bekamen wir Blumen über Blumen für unsere Verwundeten. Mein Tisch hier sieht aus wie ein Blumenladen: Birken, Edeltanne, Buchenzweige und wunderschöner Flieder. Ihr müßt wissen, die Natur ist hier schon 3 Wochen weiter als bei uns. Alles steht hier in Blüte. Wenn ich es hier so sehe, bekomme ich Heimweh. … Mit meinem Urlaub von 8 Tagen ist es »Essig«, den gibt es nicht mehr. Wir müssen es dem Zufall überlassen, wann wir mal wieder nach...

Seit heute Nacht 5 Uhr fahren wir schon durch Polen. Es ist jetzt 19 Uhr, also seit 14 Stunden immer nach Osten … aber ich will von vorne anfangen. Wir fuhren von Breslau - Gleiwitz über die Grenze. Als es hell wurde, waren wir erschüttert über dieses trostlose Land, kleine, kümmerliche Häuser … sowie der Zug mal auf der Strecke hält, stürzen Kinder barfuß aus dem Haus und geht die Bettelei um Brot los. So etwas kann ich schon gar nicht mit ansehen …

Bei Krakau fuhren wir über die Weichsel und dann immer am Fuße der Karpaten entlang. Das Land macht einen sehr unkultivierten Eindruck.

Eben bekomme ich Bescheid, heute Nacht um den Zug Wache zu gehen, wegen der Partisanen. Wir gehen immer mit 2 Mann. Es ist Mondschein. Wir stehen kurz vor Lemberg. Hier werden 50 Mann eingeladen. In Reichshof kommt der Rest

Mein Lieb!

Erschüttert halte ich die Todesanzeigen von den mir bekannten Kameraden in Händen. Es ist einfach nicht zu glauben. Frau B. bleibt auch nichts erspart … Ich bitte Euch inbrünstig, seid vorsichtig! Auch Ihr, Marga und Annelie! Es genügt doch, daß wir Männer unser Leben einsetzen.

In Hamburg muß es ja schlimm sein. Schreibe mir doch bitte mal, wo es getroffen hat.

Wir haben heute in Marienbad und Karlsbad ausgeladen.

Ich habe meinen Wagen leer. Gott sei Dank, denn es war eine Fahrt mit Hindernissen. In St. Arnold mußten wir den ganzen Tag wegen der Tiefflieger auf freier Strecke liegen. Sie flogen uns immer wieder an. Vor uns, hinter uns krachten die Bomben rein. Es war ein Höllenkonzert. Im Dunkeln haben wir uns davongeschlichen. Die Fahrt ging soweit gut. Wir fuhren über Burgsteinfurt - Minden - Osnabrück - Hannover - Lehrte - Stendal - Berlin - Frankfurt/Oder - Grünberg nach Glogau. 30 km vor Berlin hatten wir Fliegeralarm. Über uns brausten sie weg und plötzlich hörten wir die Bomben niederrauschen. Als ich dachte, es wäre vorbei, da ging der Krach nicht weit von uns los. Uns flog der Dreck um die Ohren. Die Verwundeten wurden unruhig. Es dauerte eine kleine Stunde, da war der Spuk vorbei und wir konnten weiterfahren.

In Glogau bleiben wir erstmal stehen, danach geht es weiter, woh...

Wir fahren wieder. Heute Nachmittag um 2 Uhr sind wir aus Wintersdorf abgefahren: über Karlsruhe - Pforzheim - Schwäb.Hall. Wohin es geht, ist unbekannt.

Heute bin ich schon wieder 4 Wochen von Euch fort. Ach ja, nach Hause! Wie schön wäre es für immer, nur nicht nachdenken. Du auch nicht, mein Herz! Ich habe gehört, auf Hamburg waren Angriffe und auch auf Schleswig-Holstein! War es schlimm? …

Einen wunderschönen Sonntagmorgen, meine Lieben! Ja, es wäre wunderschön, wenn die Sonne nicht so blutrot am Himmel stände, genau wie vor einem Jahr beim Angriff auf Hamburg.

Wir liegen hier zwischen Düsseldorf und Köln und können fürs erste nicht weiter. Es war heute Nacht mal wieder alles dran … und dann im Wagen fast nur Amputierte, zum Teil vor 1- 2 Tagen verwundet. Einige sind noch ganz apathisch von den Strapazen und dem Kampf. Es sind zu 80 % Rheinländer, Kölner und Düsseldorfer Jungs.

Gestern hatten wir 18 x Alarm! Wir sind froh, wenn wir aus diesem Hexenkessel wieder heraus sind.

In M'gladbach muß es bös reingehauen haben, denn eine schwarze Wand steht seit Stunden vor uns!

Ich habe Kopfschmerzen zum verrückt werden. Hab heute Nacht kein Auge zugehabt. … Eben fahren wir durch Bonn. … Vor mir liegt der Drachenfels. Eine Burgruine neben der ander...

… Ich sitze hier am offenen Fenster. Warm scheint die Sonne herein. Auf den Telefondrähten sitzen die Schwalben und zwitschern. Vor mir liegt, schneebedeckt, die Schneekoppe. In einer wunderbaren Pracht liegt das Riesengebirge vor meinen Augen. Warmbrunn liegt im Tal, still und verträumt. Flieger sind hier noch nicht gewesen.

Hoffentlich bin ich Pfingsten im Hause. Ich sehe zwar schwarz. … ach, wenn dieser Mist doch bald vorbei wäre. Je älter man wird, man merkt doch so richtig, das Leben ist so ein Dreck! Was hat man denn, man sieht Elend, hört Gräßliches und versucht zu helfen und gut zuzureden. Lebt selbst dabei in einer steten Sorge um Euch … Ach, Schluß, ich merke, die Feder ist auf dem besten Wege, sich zu verlieren. Wenn die Kameraden wüßten, ich mit meinem Humor! Gewiß, ich bringe die Bude hier oft zum Wackeln, aber ich merke ja, ich mag nicht mehr so wie f...

Gerade kommen wir durch das fast zerstörte Schweinfurt. Ein Jammer, unsere schönen, alten Städte! 3 Stunden haben wir wegen der Flieger, die über uns hinwegbrausten, vor der Stadt gelegen. Gestern Abend, als wir aus Koblenz kamen, waren die Tiefflieger über uns. Gott sei Dank ist alles gutgegangen.

Ich habe in Bamberg eine Notausladung! Den hab ich verbunden … ich konnte nicht zu Mittag essen! Auch diese Fahrt geht zuende.

Uwe ist nun 4 Wochen auch schon Soldat. Ob er schon aus der Kaserne darf? Wie ist es mit Deiner Arbeiterei. Ich hoffe, Du bist noch im Hause. Du hast doch bestimmt genug zu tun. Ach Mutti, ich möchte fast glauben, daß in diesem Jahr die Entscheidung fallen wird, so oder so. Nur nach Hause, immer dableiben, kein Alarm mehr! Zu schön. Jaja, ich fange schon wieder an zu spinnen.

… soeben ist der Alarm vorbei. Es war nun schon die 4. Nacht, in der sie über uns hinwegbrummen. Heute haben wir fast den ganzen Tag schlafen dürfen, weil wir jede Nacht hoch mußten … wenn wir nur erst aus diesem Nest wieder weg wären … Schon wieder Voralarm.

… um 1 Uhr 30 ging ich ins Bett, um 3 Uhr Fliegeralarm, bis 4 Uhr. Alles ging in den Bunker. Ich, als U.v.D. mußte am Zug bleiben. Sie flogen aber nur über uns weg …

Heute haben wir einen Spaziergang nach dem Völkerschlachtdenkmal gemacht. Die Parks im Herbstschmuck. Es war wunderschön. Siehe mein kl. Gedicht! Wie findest Du es?

Das Denkmal wiegt 6 Millionen Zentner / 15 Jahre Bauzeit. Wir fahren schon wieder in einem fürchterlichen Tempo durch die Nacht. Ich kann kaum schreiben. (siehe Gedicht »Herbst«)

… heute haben wir stramm ran müssen. 30 Matratzen und Kopfteile geklopft und 60 Decken ausgeschlagen. Eine böse Arbeit. Morgen dürfen wir alle baden. Hier auf dem Bahnhof ist eine schöne Wanne! Vielleicht kann ich Sonntag kommen. Ich sitze mit meinen Zähnen wieder so zu. Oben und unten habe ich eine Zahnfleischentzündung, was sehr schmerzhaft ist. Es kommt von dem alten, harten Brot. Zum Teil war es schon verschimmelt. Hoffentlich bekommen wir bald frisches. Das Schwarzbrot ist eine Qual für mich.

Du willst von mir wissen, wo es am schönsten ist oder war in Deutschland. Ulzburg? Nein, keine Angst, das muß erst noch entdeckt werden. Am schönsten war es in Altona, Turnstr. 35, 1.links. Hab ich recht? Unter solchen Bedingungen verzichte ich auch, in Ulzburg zu wohnen.

Also 11 ¾ Stunden sollst Du arbeiten? Ausgeschlossen, das kannst Du, darfst Du nicht. Ich hoffe, bald mal nach Hause zu kommen. Wenn der Amerikaner in dem Tempo weitermacht, wohl sowieso … Wir wollen den Kopf noch nicht hängen lassen. Ich glaube, es kommt noch etwas . . . . .

Seit 24 … Stunden rollen wir wieder, und zwar in den Bezirk Karlsruhe. Eine sehr eisenhaltige Gegend … Unsere heutige Fahrt war sehr schön. Durch Sachsen - Thüringen - Oberfranken. Die verschneiten Berge, die mit Schnee behangenen Tannen, wie im Märchen.

Ich glaube nicht, daß ich am Heiligen Abend bei Euch sein werde. Es ist ja auch alles so trostlos, ich stehe da mit leeren Händen. Das ist so bitter.

Wir stehen mit unserem Zug hinter Karlsruhe, dicht am Rhein. Wir wollen nach Lahr. Es liegt zwischen Offenbach und Karlsruhe.

Es ist eine schaurige Nacht. Wir hören das schwere Ari.schießen vom Gegner und von uns. Die schweren Granaten orgeln in der Luft über uns. Die Flieger ziehen Richtung Mannheim … Seit ein paar Tagen sind wir Frontzug geworden! Was das heißt, kann sich wohl jeder denken. Aber nur keine Angst, es gibt Schlimmeres. Seit heute Mittag liegt Karlsruhe unter dem Feuer der Am. All die Flüchtlinge! Ein Bild wie wir es auch schon durchgemacht haben. Aber nicht drüber reden! Die Menschen, vor allem die kleinen Kinder, können einem leid tun. Nun, gerade zum Weihnachtsfest.

Ich werde mir noch eine kleine Tanne schlagen, wenn wir zurück durch den Schwarzwald fahren, und es mir hier hübsch machen. Der Spieß hat zwar gesagt, alleine wird nicht gefeiert … es ...

… heute Nacht konnte ich kein Auge zu bekommen, obgleich ich hundemüde von der Wache war. Hast Du so stark an mich gedacht? Und doch, mein Liebes, wollen wir froh sein, daß wir gesund sind. Wenn ich meine Betten entlang sehe, kann sich einem das Herz im Leibe umdrehen. Wenn wir auch sagen, wir stumpfen ab dagegen. Es ist doch immer wieder eine Nervenbelastung. Wie ich soeben erfahre, sollen wir in den Bezirk Halle/Saale. Schön wird es dort ja sein, aber das reizt mich gar nicht mehr. Wenn einem nicht immer wieder die Pflicht zur Vernunft brächte!

Ich will den Brief gerne in Kattowitz einstecken. Hoffentlich halten wir. An einer Stelle hier haben die Partisanen in der vorigen Nacht einen Zug umgelegt! Ein Glück, daß wir bei Tage hier durchfahren.

… ja ja, Mutti, Dein Männe ist immer noch derselbe und doch, ich weiß nicht, in mir reift auch etwas. Ich merke es durch das Erleben. Hier schöpfe ich die Kraft zu neuem Schaffen. Es ist alles abgerundeter, gereifter. Hast Du wohl auch schon an meinen kleinen Gedichten gemerkt.

Wir sind mal wieder im Osten, Richtung Warschau gelandet. Müssen heute Nacht Doppelposten um den Zug gehen. Liegen hier still, mitten im Wald. Ihr könnt' Euch wohl denken, was es für eine Gegend ist. (siehe Gedicht »Die Gräber von Soldau«)

Ich will Dir schnell noch ein paar Zeilen schreiben, denn ich weiß nicht, ob ich morgen oder übermorgen Zeit dazu habe.

Also, wir halten vor Mainz und haben eine schöne Fahrt hinter uns, entlang dem Main und der Saale. Wenn man dazwischen die zerstörten Städte sieht, möchte man weinen. So auch hier, Trümmer, nichts als Trümmer. Immer wieder sagen wir uns, wie soll das enden? Der Tommy steht doch vor unserer Tür. Ich glaube ja bestimmt, daß der Führer noch ein Mittel in Händen hat. Wie steht es bei Euch mit Angriffen? Wir rutschen hier von einem Alarm in den anderen.

Die Nacht und den ganzen Tag sind wir gefahren und liegen jetzt in Warschau auf dem Ostbahnhof. Es soll geladen werden, kann aber auch noch 2 - 5 Tage dauern, denn hier steht Lazarettzug an Lazarettzug Mein Gesicht ist wieder ganz normal, die Schmerzen lassen auch nach … soeben eine schwere Schießerei. Das soll hier in Warschau an der Tagesordnung sein. (siehe Gedicht »Mit Windeseile«)

Wir haben geladen. Frisch Verwundete. Gestern und vorgestern bei Metz verwundet. Ich habe 35 Mann in meinem Wagen, darunter 2 verwundete Amerikaner. Der eine hat eine Gesichtsverbrennung 2. - 4. Grades, der andere 6 Granatsplitter im Körper.

Heute Nacht muß ich auf dem Fußboden schlafen, falls ich mich überhaupt hinlegen kann. Es ist so egal, ich muß ja manche Nacht wachen. Ach, wie will ich schlafen, wenn ich nach Hause komme.

Heute wurden wir von 6 Flugzeugen ganz tief angeflogen. Als sie sahen, es war ein Lazarettzug, haben sie von uns abgelassen … (Lazarettzüge hatten ein rotes Kreuz oben drauf)

Meine Lieben!

Schnell will ich Euch noch ein paar Zeilen schreiben, obgleich ich noch 2 Briefe für Euch liegen habe, die wir hier nicht loswerden können. Warum, kann ich nicht schreiben! Wir können auch keine Post von Berlin holen. Müssen hier erstmal wieder heraus. Die Gegend ist sehr schön - aber zu bewegt … wie leicht kann das ins Auge gehen! Hier ist ein Daueralarmzustand. Geladen haben wir noch nicht. Wir können da nicht richtig hin, wohin wir wollen ! Eben wurde Stuttgart schwer angegriffen. Über uns ist es furchtbar! So, Ihr Lieben, ich will mich nun ein wenig hinlegen. Es ist schon die dritte Nacht, in der wir nicht aus den Klamotten kommen. Seid alle herzlich gegrüßt.

… Gestern haben wir den ganzen Tag geladen. Von 9 - 20 Uhr und was für Fälle! Heute Mittag konnte ich buchstäblich vor Ekel nichts essen, und das will bei mir schon etwas sagen. Heute Nachmittag mußte ich mich hinlegen, ich hatte schwere Migräne. Als alles nicht half, haben sie mir eine Tasse starken Bohnenkaffee gekocht. Mir wurde gegen Abend besser.

Wir werden wohl in Thüringen ausladen.

O Mutti, wäre dieses ganze Elend doch erst vorbei! Wie schön muß es sein, immer im Haus zu sein, bei Dir und den Kindern …

Ihr Lieben!

Schwein muß der Mensch haben. Ich kam an, hinein in den Zug und ab. Dafür hatte ich aber den ganzen Tag wahnsinnige Kopfschmerzen. Unser Spieß hat den Zug nicht mehr bekommen, der kam erst in Pasevalk zu uns. Wir sind über Bad Oldesloe - Lübeck Stettin gefahren. Mir soll keiner etwas über die »kalte Emma« (EBO) sagen! Wenn die nicht so pünktlich gewesen wäre, hätte ich den Zug nicht erreicht. Wir fahren in den Nordabschnitt. - Eben haben wir einen kleinen Kameradschaftsabend mit Preisskat gehabt. Es war die 100ste Fahrt des Zuges. Jeder bekam eine halbe Flasche Cognac und 10 Zigaretten. Die Flasche sollte ausgetrunken werden! Aber da kennen sie mich ja schlecht. Ich habe 2 Schluck aus meiner Flasche getrunken. Die anderen waren langsam blau und ich habe markiert und bin dann mit meiner fast vollen Flasche in der Hosentasche, schwankenden Schrittes, in meinen ...

Eben sind wir von der Schweizer Grenze abgefahren. Habe meinen Wagen beladen. Einen Schreck haben wir heute Morgen beim Beladen bekommen. Auf einmal setzt uns der Tommy ein paar schwere Brocken von seiner Artillerie vor unsere Nase. Er beschoß Mühlheim. Aber es ist alles gutgegangen und wir rollen Gott sei Dank wieder, in Richtung Offenbg. Das Geschützfeuer bleibt langsam hinter uns. Ich hab sehr schwere Fälle im Wagen. Hauptsache, wir kommen heil aus dieser Ecke. Post können wir noch nicht loswerden. Hier ist ja Kriegsgebiet. Wir haben noch keine Ahnung, wo wir ausladen werden und wo wir am Heiligen Abend sind. Uns ist das auch alles so wurscht … nur Ruhe … Ruhe und ausschlafen möchte ich. Die Uhr ist gleich 2 Uhr 50 und ich bin sooo müde.