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Meiner Frau

Zu meinem Streben gibst Du mir die Kraft,
Ich war wie ein versiegend Quell.
Wie eine Blume, die geküßt von Strahlen Macht,
Emporstrebt jetzt nach Lichtes Hell.

Daß ich mein Sehen darf in Worte kleiden,
Dank ich dem Schöpfer nur allein.
Dies zu erleben soll uns beiden
Stets neue Freud‘ zum Leben sein.

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An meine Frau

Roter Mohn steht auf dem Tisch,
Davor Dein kleines Bild.
Du lächelst an mich, froh und frisch,
Wie ist Dein Blick so mild.

Ein Blümlein leg‘ ich Dir hinein,
Nimm es als Gruß von mir.
Es soll doch heut‘ mein Sprecher sein,
Wie ich mich sehn‘ nach Dir.

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Herbst

Es färben golden schon die Blätter sich am Baum
Und alles rüstet sich zur Ruh‘.
Ich wand’le wie in einem Traum,
Schau dem Vergehen zu.

Wie ist des Schöpfers Werk so groß,
Unfaßbar seine Macht.
Was aufnimmt er in seinen Schoß,
Ersprießt in neuer Pracht.

Ein Vogellied dringt durch den Hain,
Ein Blatt fällt leis‘ zur Erd‘.
Soll es ein Dankeslied wohl sein
Für das, was ihm beschert?

Auch ich sag´ Dank, mein Schöpfer, dir,
Daß ich dies schauen kann.
Hilf weiter in dem Sehen mir,
Mein ganzes Leben lang.

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25. März 1945: Karlsbad

Ich wünsche Euch ein frohes, gesundes Osterfest und hoffe, daß wir es im nächsten Jahr zusammen …

Wir denken, morgen ausladen zu können. Heute habe ich mir am Bahndamm einen Strauß Veilchen gepflückt, mit Wurzeln. 2 Blumentöpfe habe ich bepflanzt. Unsere Fahrt war sonst ganz gut, aber die alten Leute, traurig, traurig.

Wir wollen nach Eger – Franzenbad und liegen hier fest. Der Tommy hat Eger bombardiert. Es ist heute Sonntag und ein wunderschöner Tag … Ich sitze hier und spiele mit einem kleinen Fahrgast von einem Jahr. Er hat heute Geburtstag. Die Mutter liegt drinnen und hat einen Granatsplitter durchs Knie.

Wenn ich nur im Hause wäre, anstatt durch die Welt zu gondeln! Hoffen wir, daß das Ende nicht mehr weit ist.

Ich muß das Abendbrot holen. Habe noch 14 Verwundete im Wagen …

 

Johann Johannsen vor Lazarettzug

Joh. Joh. als Sanitäter mit Schwestern und Verwundeten in Bönningstedt (Rugenberg. Mühle), 1945

 

-> Zu den Gedichten

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27. Februar 1945: Memmingen

Ich sitze hier und bin U.v.D. Heute, am Tage, fliegen sie zu Hunderten über uns Richtung Augsburg. Wir haben einen strahlenden Vollmond … Ruhe und Frieden! … wenn nur die Menschen …

Soeben der 5.Alarm! Eben hat der Heizer, ein »Mottenburger« (Stadtteil in der Umgangssprache von Hamburg-Altona) mir die Zeit mit Erzählen vertrieben.

Ich glaube bestimmt, daß bald eine Wende kommt, nach der Rede des Führers!

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25. Februar 1945: Memmingen

Noch immer warten wir auf den Postholer. Seit einer Woche ist er unterwegs. … Ich sollte ja erst nach Hamburg, aber lag ja krank. Sollte es so sein..? Wir stehen hier neben einem großen Gebäude – Schlachthof. Die Tiefflieger besuchen uns jeden Tag … viele Verbände über uns Richtung Augsburg – Ulm. Seit 20 Uhr haben wir hier auch wieder Alarm. Gleich ist es 22 Uhr. Meine Gedanken sind immer wieder bei Euch. Ist es wahr, daß bei Euch in der Zeitung stand, wenn ein 5-Minuten-Dauerton kommt, ist mit Luftlandetruppen zu rechnen? Wenn ja, gibt uns die Sache zu denken und wir leben hier um Euch immer in einer Angst! Nur ein Glück, daß es nicht der Iwan ist. Sollte es mal eintreten, Ruhe bewahren, Mutti, und im Haus bleiben. Nebenbei glaube ich, wird er sich hüten, neben einer Großstadt abzuspringen.

Wir haben Entwarnung! 3 Stunden genügen uns auch.

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20. Februar 1945: Leipzig

Von Görlitz bis Leipzig sind es gut 200 km, das in 3 Tagen! Alles verstopft… auf den Straßen endlose Trecks. Bilder kann man sehen… Ochsen vor Droschken, voll mit Kindern beladen! Ich konnte leider keine Aufnahmen machen. Das sind Bilder, die man wohl nie im Leben wieder sieht. Für mancheinen wäre es nicht zum Schaden, könnte er mal sehen, wie die Menschen von Haus und Hof müssen, innerhalb von 2 Stunden. Man kann sich ausmalen, was man da schon groß mitnehmen kann. Soeben fahren wir in Engelsdorf bei Leipzig ein. Hier lagen wir ja 8 Tage in Reparatur. Hier steht Flüchtlingszug an Flüchtlingszug! Einige sind schon Wochen unterwegs.

Mir geht es gut, mache Dir keine Sorgen. Der Arzt freut sich, daß ich wieder esse. Nur Aufregung muß ich vermeiden. Ich hab hinterher immer wahnsinnige Kopfschmerzen. Unsere Fahrt geht nach Bayern. Ist auch egal … Voralarm! Es ist 21 Uhr.

Mehr kann ich nicht schreiben … Kopfschmerzen

(siehe Gedicht »Flüchtlinge«)

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Warum?

Warum, Herrgott, läßt du dies‘ Morden zu
Wo nur ein Hauch von dir genügt
Und alle Menschen hätten Ruh?
In deiner Macht es liegt.

Warum nur müssen Greise, Frauen, Kinder
Die Qualen eines Krieges noch erleiden?
Sind es in deinen Augen alles Sünder?
Warum tust du denn Schlecht und Gut nicht scheiden?

Sieht du nicht all die vielen Wunden?
Hörst du denn nicht den tausendfachen Todesschrei?
Beende doch die düst’ren Stunden,
Ein Hauch von dir – und alles wär vorbei!

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29. Januar 1945: Swinemünde

Liebes! Herzlichen Dank für Deine 3 Briefe, die ich heute in Pasewalk erhielt. Gleich laden wir hier in Swinemünde, aber wohin, ist noch ein Rätselraten. Wir hoffen ja alle so sehr auf Hamburg.

Ich hab Heimweh! Kannst Du doch verstehen, nicht? Schon 6 Wochen… unheimlich lange geworden. Wäre es vor 14 Tagen auch bald soweit gewesen, denn lebend hätte mich der Iwan nicht bekommen! Reden wir darüber, wenn ich im Hause bin.

Die ersten Verwundeten werden vom Schiff getragen …

(siehe Gedicht »Warum?«)