19. Dezember 1944: Siegmaringen/Donau

Wenn Ihr diesen Brief bekommt, ist Weihnachten gewesen und wir haben alles hinter uns. Gott sei Dank! Uns hier am Zug muß der Weihnachtsmann ja vergessen, oder er kann uns nicht finden, wo wir doch, wie die Zigeuner, hin und her, kreuz und quer durch das Land fahren. Wir sind jedesmal froh, wenn wir wieder heil und gesund aus dem Schlamassel heraus sind. Das ist unser Geschenk.

Gestern und heute war es eine sehr schöne Fahrt, durch Baden und durch den Schwarzwald. Ist der schön, nur kalt, viel Schnee liegt hier. Die hohen, dunklen Tannen und die bis zu l000 m hochsteigenden Felsen! Da kommt man sich so klein und lächerlich vor. Die Ruhe! Nicht mehr das Trommelfeuer der Ari. in den Ohren, oder das Gebrumm der Flieger. Wir fahren nun auf Ulm zu und von da in den Bezirk Augsburg , wo wir entladen und dann wieder an die Front fahren.

Am Heiligen Abend wird wohl unsere Musik sein: Symphonie des Krieges, Grauen und Elend, Not und Tod. Die armen Jungs, die da so kaputtgeschossen werden.

Eben ist einer nach Berlin gefahren, um die Weihnachtspost zu holen. Ich freue mich sehr darauf, sind es doch bald 14 Tage her, daß wir die letzte Post bekommen haben. Aus meinem Zeug bin ich genau seit 8 Tagen nicht mehr herausgekommen, geschweige denn richtig geschlafen …